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Kamelien.de http://www.kamelien.de/klon.htm
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Woher kommen unsere ältesten Kamelien??
von Klaus Peper, im Mai 2002, in Arbeit.

Die vermutlich ältesten erhaltenen Kamelien in Europa mit ihren Legenden.

Sehr alte lebende Kamelien stehen heute noch in Pillnitz bei Dresden, Caserta bei Neapel und in Campo Bello bei Porto. Alle sind vom gleichen Typ: kleine, rote Blüten, die dem Wildtyp der Camellia japonica entsprechen. Jeder Baum hat seine eigenen Legenden und beansprucht den Titel "Älteste Kamelie in Europa". In der Tat hat jeder Baum schon mindestens 200 Jahre auf dem Buckel.
Tom Savige hat 1985 die Vermutung geäußert, daß alle drei Exemplare identisch sind und gegen 1780 an ihre Standorte gekommen sind. Der Ursprung der Kamelien sei mit großer Wahrscheinlichkeit England.

Eigenartigerweise hat bisher niemand diese Idee aufgegriffen und gleichaltrige Ableger zusammen aufgezogen, um sie zu vergleichen. Zugegeben, es hat etwa 5 Jahre gedauert, bis ich durch Besucher in Caserta Stecklinge bekam. Diese sind inzwischen gut gewachsen und blühen, und können mit gleichgroßen Exemplaren von Pillnitz, die leicht zu erwerben sind, verglichen werden. Es gibt keine bemerkenswerten Unterschiede zwischen beiden. Inzwischen gibt es Methoden, auch Kamelien auf ihre genetische Identität zu prüfen. Dies hat kamelien.de jetzt veranlaßt und ich hoffe, daß wir noch entsprechendes Material aus Porto dazulegen können.

 

a) Die Kamelie in Pillnitz, bei Dresden, Deutschland


Der Kamelienbaum auf einer Postkarte, um 1900:

      "D er Camelienbaum kam im Jahre 1739 von Japan nach Pillnitz. Stammumfang 150 cm. Höhe 7 m. Sein Unterhalt kostet jährlich ca. 800 M."
    (Text auf der Postkarte)


Die Kamelie heute. (Photo:Matthias Lüttich. Mit fr. Gen: schloesser-dresden.de).
Höhe: 9 m, Kronendurchmesser: 12 m

      "Zur Geschichte der Pillnitzer Kamelie.
    Die Kamelie verdankt ihren Namen dem Mönch Camellus, der 1639 die Pflanze auf den Philippinen fand. 1739 führte der Engländer Robert James Lord Petre die Kamelie in Europa ein. Die Pillnitzer Kamelie ist wahrscheinlich eine von vier Pflanzen, die der schwedische Botaniker Thunberg, Schüler und Nachfolger Linnés, 1776 von seiner Japanreise nach Kew bei London mitbrachte. Etwa 1780 kam die Kamelie aus dem Royal Botanic Gardens Kew in den Pillnitzer Schlosspark. Die Einführung der zu dieser Zeit wenig verbreiteten Kamelien läßt erkennen, welche Bedeutung der Pillnitzer Schloßgarten als Sammelstätte botanischer Seltenheiten hatte. Die anderen Pflanzen, eine verblieb in Kew, je eine kam nach Herrenhausen bei Hannover und nach Schönbrunn bei Wien, sind nacheinander eingegangen. Selbst im hohen Alter (1992 ca. 230 JAHRE) wächst die Kamelie weiter und hat heute eine Höhe von 8,5 m und einen Kronendurchmesser von 12 m. Sie ist eine dendrologische Kostbarkeit in Europa."
    (N.N.: Tafel 2 zur Geschichte der Pillnitzer Kamelie, am Standort.).

Der Jesuit Kamel (lat: Camellus) war zwar auf den Philippinen, hat aber niemals eine Camellia japonica gesehen. Linné hat 1751 Kamel mit dieser Namensgebung ehren wollen. Das Datum 1739 mit Lord Petre ist belegt, es handelte sich aber zweifelsfrei um Kamelien mit gefüllter Blüte. Die Geschichte mit Thunberg ist fragwürdig, sie läßt sich nicht belegen, zumal in Kew sehr genau Buch geführt wurde über alle möglichen anderen Vorgänge.

      "Die erste Kamellie war jedoch schon 1771 nach Dresden gekommen. Es war die einfachblühende rote Wildform (vgl. Abb. 9, p. 97), eine von den vier Pflanzen, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an verschiedne europäische Hofgärten gelangt waren. Sie soll ein Geschenk des Zaren gewesen sein. Diese Kamellie wurde anfangs im Gewächshaus gepflegt, 1801 jedoch von Hofgärtner Terscheck im Pillnitzer Schloßgarten in ein besonders angelegtes Beet im Freien ausgepflanzt. Im Herbst wurde sie mit einem heizbaren Winterhaus überbaut. Hier im Freien entwickelte sie sich zu einem großen, buschigen Baum und hat sich bis zum heutigen Tag erhalten. Ihre Höhe beträgt 9 m, der Umfang 8,5 m. Der Hauptstamm hat in 30 cm Bodenhöhe einen Durchmesser von 33 cm. Im Frühjahr ist sie mit zahlreichen roten Blüten bedeckt. Zu dieser Zeit blühen auch die im Freien wachsenden Kamellien in Japan, im Süden des Landes jedoch bereits gegen Ende des Winters, oft noch mit Schnee bedeckt. - In gärtnerischer Kultur als Topfpflanze blüht die Kamellie von Oktober bis Mai und wird 60-100 cm hoch."
    (Gerhard Schimmler, "Die Entwicklung der Kamellien-, Azaleen- und Erikenkulturen Deutschlands". Dissertation, Würzburg 1934).

Über ein Kameliengeschenk des Zaren gibt es keine Dokumente. Die Geschichte ist eher unglaubwürdig. Die Pflanzung 1801 durch Terscheck wird nirgends in Zweifel gezogen. Nachweisbar gab es in bedeutenden botanischen Sammlungen Europas die Camellia japonica vor 1800, auch in Dresden, um welche Zeit auch blühende Sträucher vermeldet werden. (K.P.)

Mein Fazit:
Die Einführung der einfach blühenden Kamelie um 1780 ist sehr wahrscheinlich, da alle Neuheiten, wie die Kamelie, unter anderem aus England auch in Dresden eingeführt wurden. In Schönbrunn wurde sie von Nikolaus J. von Jacquin 1781 nach der Natur gezeichnet. Die Kamelie in Caserta wird mit 1782 angegeben. Friedrich Gottlieb Dietrich schreibt:

      "In England habe ich ihn in den mehresten Gärten getroffen, und die Handelsgärtner stellen ihn in der Blütezeit mit anderen Ziersträuchern vor ihre Wohnungen oder in Convent-Garden (ein Marktplatz in London) zum Verkauf aus. Er ist aber auch schon viele Jahre in Deutschlands Gärten bekannt, z. B. bey Hrn. Wendland in Herrenhausen, bey Seidel in Dresden, und in mehreren botanischen Anlagen; in meiner Sammlung hat er im Frühjahr 1800 geblühet."
    (Vollständiges Lexikon der Gärtnerei und Botanik, Weimar 1802)


b) Die Kamelien in Gleisweiler und Herrenhausen

In einer Privatklinik in Gleisweiler stehen in einem Park einige dendrologische Kostbarkeiten. Der Park liegt im Schutz der Ostseite des Pfälzer Waldes und ist nach Süden offen. Eine Besichtigung ist möglich, Sie sollten sich aber vorher anmelden. Es gibt einen Lageplan der Bäume. In diesem Rahmen gibt es auch an die zwanzig alte Kamelien in Kübeln, die im Winter in ein Gewächshaus kommen. Bemerkenswert ist das Alter dieser Kübelpflanzen: es werden schriftliche Unterlagen bis 1870 zurückverfolgt. Lesen Sie hierzu die Ausführungen des kaufm Leiters der Klinik, Dieter v. Bomhard). Danach wurden die Kamelien aus einem Schloss bei Wiesbaden erworben, stehen also schon länger in ihren Kübeln, möglicherweise seit 1840. Es gibt mehrere Sorten, die meisten blühen rosa gefüllt. Am interessantesten ist aber eine einfach rot blühende, die dem Anschein nach identisch ist mit der Kamelie in Pillnitz.




Camellia japonica 'Rubra (Gleisweiler)'
(Photo und Bearbeitung: K. Peper)

 

Der Kübel misst 0,9 m in jeder Dimension. Die Pflanze ist mehrfach zurückgeschnitten. Der Stamm hat einige Blessuren, die aber gut verheilt sind. Die Pflanze hat eine Höhe von 2,50 bis 2,80 m, und eine Breite von 2,50 m. Die Pflanze macht einen gesunden, geflegten Eindruck und hat einen guten Zuwachs. Der Gärtnermeister Gerhard Kost hat sein langes Gärtnerleben diese Kamelie besonders gehegt, bis er in die wohlverdiente Rente ging. Heute sind die Kamelien immernoch in der besonderen Obhut der Familie von Bomhard, die die dendrologischen Kostbarkeiten ihres sehenswerten Parks seit Generationen pflegt.



Der Stamm.
Er hat einen Umfang von 38,5 cm in einer Höhe von 5 cm, und 32 cm in einer Höhe von 20 cm (oberhalb der ersten Astgabel) (Photo: K.P.)

Meiner Meinung nach sind die Kamelien in Gleisweiler zur Zeit die ältesten Topfkamelien in Europa. Bis vor etwa 10 Jahren gab es in Herrenhausen bei Hannover (nachweislich seit 1880) eine weitere Topfkamelie vom Pillnitzer Typ, sie ist leider eingegangen, und es wurden keine Ableger gezogen, somit ist die genetische Identität leider nicht mehr feststellbar. Bilder sind mir nicht bekannt.



 

Die Kamelie in Caserta, bei Neapel, Italien

Im königlichne Garten von Caserta bei Neapel steht eine alte Kamelie. Schon Berlése erwähnt sie 1837 und sagt, sie sei 1760 gepflanzt und habe eine Höhe von 15 m. Im Magazin 'L'Illustration Horticole', vol. 33, p. 76, 1886 wird die Kamelie als 10m hoch erwähnt.

Heute besteht sie aus 4-5 Stämmen, die aus einem gemeinsamen Stumpf herausgewachsen sind. Offenbar wurde der ursprüngliche Stamm (1920?) zerstört. So bietet sie den Anblick eines mehrstämmigen Strauches (oder auch Gestrüpp)und ist nicht leicht zu entdecken. Im Vergleich hierzu ist die Pillnitzer Kamelie ein majestätischer Baum.
Die Angaben von Berlése werden heute bezweifelt.
Daß es sich wirklich um 'die' Kamelie von Caserta handelt, unterstreicht eine Gedenktafel, die der Gartenverein vonn Caserta aufgestellt hat. Beachte das Datum der Pflanzung auf der Tafel: 1782
Bei näherer Betrachtung der Blüten zeigt sich, daß es wirklich eine Kamelie ist, mit einfachen Blüten, etwa 5-6 cm groß.

Ich selbst habe die Kamelie (noch) nicht selbst gesehen, ich habe aber Italien-Touristen gebeten, mir Bilder und Stecklinge von dieser Pflanze mitzubringen.

Eine logische Erklärung:
        "Lord Petre's Gärtner war Mr. James Gordon, der nach dem Tod seines Patrons um 1742 eine Gärtnerei bei Mile End bei London errichtete. Er bot unter anderem auch Kamelien an. Als seine Söhne 1775 den Betrieb übernahmen, brachten sie John Graefer als Partner mit in das Geschäft, der sich damit auch das Wissen um die Kamelien erwarb.
    Graefer wurde 1786 von der Königin von Neapel als Gärtner für den neuen Englischen Garten in Caserta ernannt. Dies geschah unter der Obhut von Sir William Hamilton (der englische Gesandte in Neapel), der im gleichen Jahr die bildhübsche Emma Harte (ein Malermodell) mit nach Neapel nahm. Sie wurde bald die zweite Lady Hamilton. Sie hatte 1798 eine Affaire mit Horatio Nelson, als dieser auf der Rückreise von Ägypten Neapel besuchte, und wurde in den internationalen Klatschspalten als auch im Roman 'the favourite' von A. Dumas d.Ä. literarisch als 'Poor Emma' unsterblich.
    Es erscheint wahrscheinlich, daß die beiden Pflanzenkenner, Graefer und Hamilton, mit der Einrichtung des Englischen Gartens beauftragt, die aktuellsten Pflanzen mitbrachten, - darunter die Kamelie".
    (Tomas Savige: The ancient camellias of Europe. ICJ 1985. Übersetzung: K.P.)



 

Die Kamelien in Campo Bello, bei Porto, Portugal

Am Ufer des Duoro, gegenüber von Porto, gibt es in Vila Nova de Gaia einen Garten mit drei (1985), ursprünglich vier, sehr alten Kamelien, die im Park des Casa dos Condes de Campobello stehen. Heute stehen leider nur noch zwei der alten Exemplare.

Dr. F. G. Meyer
schrieb 1959:
        "The old Trees of the Villa Nova de Gaya in Opporto, evidence indicates, are the oldest specimens of Camellia japonica in cultivation, yet recorded in europe. Old family archives of the Conde de Campo Bello, present owner of the villa, indicate that three living plants of C. japonica from Japan were planted in the garden about the middle of the 16th centuiry...".
    (cited in T. Savige).


Frank Griffin, Editor of the 'Camellian', schrieb 1960:
        "Ferñao Mendes Pinto, a Portuguese navigator, was in Japan on three sepatate occasions, the last in August 1549 when in the company of St. Francisco Xavier. They returned to Lisbon in September 1558, to where they brought plants from Japan, including Tsubaki, which were planted at the home of the parents of Xavier at Montemoro Velho, near Coimbra".
    (cited in T. Savige).


Alfredo Moreira da Silva, der die bekannteste Kameliengärnerei in Porto, Portugal, besitzt, schrieb 1962:
        "As will be seen, my opinion on the subject is the same as that held by ancient Camellia historians, namely, that the Camellia was first introduced into England in 1739 and did not reach Potugal until 1800-1810 when it was brought by the English port wine traders".
    (cited in T. Savige).


Die Kamelien von Campo Bello sind vom Typ her die Wildform der Camellia japonica ssp. japonica var. japonica, mit kleinen, einfachen, roten Blüten. Die Bäume sind beeindruckend groß und man mag geneigt sein, ihnen ein beträchtliches Alter zuzubilligen. Jedoch ist zu berücksichtigen, daß das Klima in Nordpotugal den Kamelien außerordentlich zusagt: Exemplare,die bei uns in einem Jahrzehnt etwa 1,5 bis 2m hoch sind, sind dort schon ausgewachsene Bäume.....

Die Potugiesen sind mit Recht stolz auf ihre großen, beeindruckenden Kamelienbäume. Sie hatten im 16 Jahrhundert den Seeweg nach Indien geöffnet und hatten frühzeitig Handelsbeziehungen zu China und später zu Japan. Leider gibt es keine Dokumente darüber, daß sie auch Kamelien einführten. Der genannte F. M. Pinto war ein Abenteurer, der seine Reise in einem faszinierendem Buch niedergelegt hat. Er war 18 mal schiffbrüchig und wurde 13 mal als Sklave verkauft. Er kam glücklicherweise 1558 (ohne! den Missionar Xavier, der in Macao starb) in Portugal an. Er galt lange als Phantast ('der große Lügner'), die modernere Forschung meint aber, daß viele seiner Erzählungen historischen Hintergrund haben. Von Pflanzeninteresse berichtet er in seinem Buch an keiner Stelle. Daß er Kamelien bei sich hatte, ist eher unwahrscheinlich, wenn wir die erheblichen Schwierikeiten bedenken, welche die Engländer, Schweden (Linné) sowie die Holländer und Franzosen hatten, um die Pflanze oder Samen lebend nach Europa zu bringen. Das Buch aber ist es Wert, von uns gelesen zu werden.

Von den alten portugiesischen Kamelien sind einige in neuer Vergangenheit eingegangen. Leider ist versäumt worden, Baumscheiben sicherzustellen: die Baumringmethode hätte ihr wares Alter zu Tage gebracht. Vielleicht fürchten die Portugesen, daß sie den Mythos verlieren, die ältesten europäischen Kamelien zu besitzen...
Der Hinweis allein auf alte Asienfahrer reicht nicht aus, um die Herkunft der alten Kamelienbäume Europas zu erklären. Sicher kommt eines Tages der Hinweis auf Marco Polo, der schon im 13. Jahrhundert China bereist haben soll (einige Historiker bezweifeln auch dieses).



 

Die Kamelie in Vila Boa de Quires, bei Porto, Potugal



Literatur:

Wolfgang Körner: "Old Camellias in Germany", Intern. Camellia Journal. Vol.1 N°1, 1962.
Fritz Kümmel: "Zur Geschichte der zwei ältesten Kamelien in der DDR. Beiträge zur Gehölzkunde" 1983.
Tomas J. Savige: The ancient camellias of Europe; ICJ 1985, p. 80
Gerhard Schimmler: "Die Entwicklung der Kamellien-, Azaleen- und Erikenkulturen Deutschlands". Dissertation, Würzburg 1934.

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