Da in letzter Zeit ein vermehrtes Interesse an unseren Kamelien aufkam, stießen wir immer häufiger auf die ungeklärte Frage ihrer Herkunft. Beginnen wollen wir das Ergebnis unserer Erkundungen mit einer schlechten Nachricht. Es sind uns keinerlei Dokumente bekannt, die eine exakte Herkunft der Pflanzen belegen. Auch verfügen wir nicht über eine genaue Datumsangabe, die belegen würde, seit wann diese Kamelien im Besitz der Klinik sind. Und, was natürlich auch von Interesse ist, wie alt die Pflanzen wohl waren, als sie hierher kamen. Aber wir haben uns auf die Suche nach Informationen gemacht und bei unseren Nachforschungen ist doch das ein oder andere Interessante aufgetaucht.
Ausgangspunkte waren wie so oft mündliche und teilweise auch schriftliche Überlieferungen, die besagen, dass die Kamelien so um 1870 nach Gleisweiler kamen. Ein weiterer Anhaltspunkt waren Aussagen pensionierter Mitarbeiter, die uns darauf brachten in Wiesbaden zu suchen, denn sie behaupteten, dass die Kamelien aus einem Schloss bei Wiesbaden seien. So mussten wir die Mosaiksteinchen doch nur noch zusammenstellen und bekamen so eine Geschichte zusammen, die so abwegig nicht scheint. Einer alten Hauschronik entnahmen wir, dass der Gründer der Klinik neben Kontakten zum Botanischen Garten in Straßburg, die wohl über die Verwandtschaft zu Stande kamen, auch Kontakte zum Herzog von Nassau unterhielt, der schon damals als großer Pflanzenkenner und Sammler bekannt war. So galt unser Augenmerk natürlich der Umgebung von Wiesbaden und siehe da: Die Herzöge von Nassau nutzten das Schloss Biebrich in Wiesbaden als ihre Sommerresidenz. Hinter dem Schloss erstreckt sich ein Landschaftspark, der um 1817 vom Gartenbaukünstler Friedrich Lud. von Sckell angelegt wurde. Dieser ist bekannt durch seine Arbeiten u.a. in Mannheim und Schwetzingen.
Herzog (vorher Fürst) Adolph von Nassau, besagter Pflanzenliebhaber ließ den Park dann mit exotischen Pflanzen ausgestalten. Er war es auch, der die Gewächshäuser (von 1844-48) und 1845 eine Orangerie zum Überwintern der Exoten errichten ließ. Diese Orangerie ist bis heute im Park des Schlosses zu sehen. Als 1866 Frankfurt und Hessen-Nassau preußischer Besitz wurde, musste Herzog Adolph sein Schloss verlassen, obgleich es wohl weiterhin sein Eigentum blieb. Vom Exil aus war es ihm nicht mehr möglich seine Pflanzensammlungen zu betreuen und so war er wohl gezwungen diese aufzulösen. Nun kommt der Frankfurter Handelsgärtner und Gartenarchitekt Heinrich Siesmayer
(1817-1900) ins Spiel. (Er gestaltete auch viele Parks in Mannheim mit und war dann Gründungsmitglied des Palmengartens in Frankfurt und dessen erster Direktor.) Der Herzog von Nassau beauftragte Herrn Siesmayer mit der Auflösung seiner Sammlung. So gelangten wohl auch die Gewächshäuser in den Besitz der Stadt Frankfurt und aus Teilen der Erlöse und der vorhandenen Pflanzen wurde der Palmengarten in Frankfurt gegründet. Um diese Zeit scheinen auch die Kamelien ihren Weg nach Gleisweiler gefunden zu haben. Wir haben alte Photos, auf denen die Kamelien um die Jahrhundertwende schon beträchtliche Größe erreicht hatten und so wie heute noch über die Wintermonate in der Vorhalle der Klinik standen. Außerdem ist uns bekannt und auch belegbar, dass König Ludwig gemeinsam mit der Großherzogin von Hessen am 20. Juli 1864 zu Besuch in Gleisweiler war. Dies unterstützt die Vermutung, dass der Herzog von Nassau in Gleisweiler kein Unbekannter war. Der Klinikbetrieb stand zu dieser Zeit in Gleisweiler in voller Blüte, was wohl in den darauf folgenden Jahren etwas anders aussah. 1870/71 tobte in der Gegend der Krieg und man erreichte Gleisweiler nur mit Passierschein. Daher vermuten wir heute, dass die ursprünglich ausgesprochene Jahreszahl von 1870 etwas nach unten zu korrigieren ist. Vom Gründer der Klinik Bad Gleisweiler, Dr. Ludwig Schneider, liegen uns Aufzeichnungen von Reisen vor, die er bis in den Mittelmeerraum vorgenommen hat. Es wird darin sein Interesse an der Botanik deutlich. Dieses Interesse und auch sein Wissen bekräftigt der um die Klinik angelegte Park im englischen Stil, der gespickt ist von Exoten aus aller Herren Länder. Wir würden uns freuen, wenn wir auf unsere Theorie Einiges an Resonanz erfahren würden, bzw. weitere Tipps oder Anregungen um sie zu stärken oder zu widerlegen. |