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Kamelien - Stecklingevon Klaus Peper
Kamelien werden im großen Stil durch Stecklinge vermehrt. Es gibt weiterhin die Möglichkeit, seltene Sorten durch Propfen zu dublizieren, aber dies erfordert ziemliches Geschick und sollte dem trainierten Fachmann vorbehalten bleiben. Stecklinge werden während der Ruhephase geschnitten, vorzüglich dann, wenn ein neuer Kamelientrieb gerade abschließt, also die Terminalknospe sich teilt und die Rinde anfängt oliv zu werden. Dies ist in der Regel Ende Juni der Fall. Spätere Stecklinge sind schon weiter verholzt und bewurzeln entsprechend unwilliger, aber das Stecken ist auch noch im Winter vor dem Blühen möglich. Es gibt Kopfstecklinge (3 Blätter plus Stiel) oder Teilstecklinge (in der Regel 2-3 Blätter). Geschnitten wird schräg unterhalb eines Blattansatzes, das zugehörige Blatt entfernt. Die verbliebenen Blätter dürfen halbiert werden, wenn der Platz im Vermehrungsbeet knapp ist. Einige Experten empfehlen, am unteren Stiel noch einen Rindenlappen abzuschneiden, um die Wundfläche zu vergrößern. An Ausrüstung braucht man ein scharfes Messer, ein Zimmergewächshaus, geeignetes Substrat, eine Wärmematte für Unterhitze, eine Beleuchtung, ein Fungizid sowie Bewurzelungshormon. Die einzelnen Sorten bewurzeln verschieden langsam. Stecklinge können aber 3-9 Monate im Vermehrungsbeet bleiben, ohne Schaden zu nehmen, wenn sie nicht vorher vertrocknen oder verfaulen. Bodenwärme sowie Bewurzelungshormon (Bitte nehmen Sie Indolen-buttersäure, 1% in Talkum: Seradix oder Rhizopon AA) beschleunigen die Bewurzelung sichtlich. Die feuchtwarme Atmossphäre im Zimmergewächshaus fördert natürlich jede Pilzinfektion. Verwenden Sie deshalb nur steriles Substrat und tauchen Sie die Stecklinge in ein Fungizid (Previcur 1,5 ml/Liter Lösung), bevor Sie stecken. Als Beleuchtung nehmen Sie irgendeine Energiesparröre oder Leuchtstofflampe, die Sie dicht über das Beet setzen. Die Lampe brennt immer oder mindestens 16 Stunden (Langtag); Es gibt Hinweise, daß die Stecklinge im Kurztag die Blätter fallen lassen. Kennzeichnen Sie ihre Stecklinge, schreiben Sie den Namen auf das oberste Blatt mit einem Filzschreiber (Edding 400), zur Not mit Kugelschreiber oder Bleistft. Nichts ist ärgerlicher als ein bewurzelter Steckling ohne Namen. Stecklinge auf Reisen werden in einen Plastikbeutel gesteckt, der in den Hotelkühlschrank kommt. Sie können zu Hause in Ruhe stecken. Es ist ein Gerücht, daß geklaute Stecklinge besser angehen, fragen Sie höflich den Eigner oder Gärtner. Bewurzelte Stecklinge brauchen mindestens ein weiteres Jahr, um stabil zu werden, es drohen vielfältige Gefahren und es erfordert Fingerspitzengefühl, um diese Babies heranzuziehen. Besonders Sonne und Trockenheit sind gefährlich. Dem Anfänger ist daher eher zu empfehlen, mindestens 2-jährige oder ältere Kamelien beim Fachhändler zu erwerben.
Das SubstratDas Stecklingssubstrat ist das Geheimniss der Kamelienanzucht. Es gibt hunderte von Rezepten. Ist eine Mischung einmal erfolgreich, so sollte man dabei bleiben, es kommt aber häufiger vor, daß ein erfolgreiches Rezept plötzlich versagt. Ich kenne keinen Stecklingsvermehrer, der nicht auch gleichzeitig neue Rezepte ausprobiert.Ein beliebtes Substrat ist eine Mischung von Torf und scharfem Sand. Es gibt Angaben über die günstigste Mischung: 1.1 bis 1:5. Torf ist aber kein gleichbleibender Rohstoff, zudem kann er auch zu sauer (pH3)sein und den Steckling verätzen. Daher sollte mindestens eine Messerspitze kohlensaurer Kalk auf einen Liter Stecksubstrat gegeben werden. Weitere Zugaben können sein: TKS1, Perlite, Vermikulite oder lebendes Sphagnum, wie Petersilie gehackt. Die Anforderungen an das Substrat sind hoch: es muss feucht bleiben, soll auch nicht nach Monaten zerfallen, muß luftdurchlässig sein, darf nicht faulen. Es darf nicht vernässen oder trocken werden. Die Stecklinge können in einzelne (% cm) Töpfe oder in ein Gemeinschaftsbeet gesteckt werden. Das Gemeinschaftsbeet kann leichter feucht gehalten werden, Kondenswasser läuft in den Trog zurück. Die Einzeltopfmethode ist angenehmer, weil die Kamelien verschieden schnell bewurzeln, sie lassen sich besser kontrollieren. Jedoch: durch die Bodenwärme gibt es 'Hot Spots', das Wasser verdunstet, das Substrat wird trocken. Giesst man vorsichtig nach, so wird das Substrat zu nass. Ich nehme neuerdings nur noch Seramis (siehe dies) als Stecksubstrat, welches die meisten dieser Probleme nicht kennt. Es ist durchlässig, speichert aber die Feuchtigkeit, hat hohe Standzeit und bleibt steril. Die BewurzelungUnter der Rinde, im Kambium, sitzen die aktiven Zellen der Pflanze, die das Dicken- und Längenwachstum der Zweige bewirken. Wird das Kambium verletzt, z.B. durch den Stecklingsschnitt, so wandeln sich Kambiumzellen um in undifferenzierte Kalluszellen. Je nach Hormonlage bilden sich aus dem Kallus neue Triebe (Hormon Kinetin) oder neue Wurzeln (Hormon Auxin). Auxin wird in den Blättern gebildet und wird Richtung Wurzeln transportiert. Bei einem Schnitt sammelt sich das Auxin an der Schnittstelle und induziert dort Wurzelbildung. Dieser Vorgang kann durch äußere Auxingaben noch gefördert werden.Zwei Vorgänge führen also zu neuen Wurzeln: Entspezialisierung der Kambium- zu Kalluszellen, deren Proliferation (Teilung) und anschließende Spezialisierung zu Wurzelzellen. Bei einem Steckling kann die Kallusbildung unter Umständen lange dauern oder ganz ausbleiben, der Steckling ist verloren. Es kann die Kallusbildung aber auch funktionieren, aber die Umwandlung in Wurzelzellen geschieht nicht. Dann bilden sich oft ziemlich dicke Kallusbollen. Lebender Kallus ist weiß. Oft wird ein Bollen aber braun, ich habe nie beobachtet, daß brauner Kallus Wurzeln bildet. Wird ein Kallus braun oder zu groß, so kann er neu beschnitten, mit Hormonpulver bestäubt und gesteckt werden. Oft hat man dann noch Glück und der Steckling bewurzelt sich noch. Ein Kalluswulst oder Bollen kann den Steckling mit Wasser und Nährstoffen versorgen. Natürlich besitzt er nicht die Kapazität von Wurzeln, aber ein Neutrieb kann im Stecklingsbeet oft beobachtet werden, besonders wenn der Steckling erst im Januar geschnitten wurde. Der Neutrieb kann regulär abschließen und deutliche Blühknospen ausbilden, alles ohne Wurzeln. Ich habe allerdings noch nicht erlebt, daß eine Kalluspflanze auch blüht. Bewurzelte Stecklinge werden möglichst bei 22°C im Langtag kultiviert, Luftfeuchte 70-80% bei stickstoffbetonten, vorsichtigen Düngergaben. Zwei bis drei Wuchsschübe sind erwünscht, damit der Steckling bald zur Blüte kommt.
Vergleich von TKS1 (Torfkultursubstrat) mit SeramisIch habe im September Stecklingsmaterial der Gleisweiler Kamelie erhalten (150 jährige Topfkamelie, wahrscheinlich Ableger der Pillnitzer Kamelie) und daraus 36 Stecklinge geschnitten. Die eine Hälfte wurde in TKS1 (Torfkultursubstrat), die andere in Seramis gesteckt (Bild). Nach 11 Wochen habe ich die Bewurzelung untersucht:
Beispiele guter Wurzelbildung (11 Wochen in Seramis).
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