[ Zum Anfang ] |
Klaus Peper:
Ehret: Camellia 1740Georg Dionys Ehret, Gärtner und Blumenmaler (1708-1770), Heidelberg, Regensburg, Leiden und London. Im International Camellia Journal, No. 13, Oct.1981, erschien auf den Seiten 32-36 ein bemerkenswerter Artikel von John Tooby: "The Early Introduction of Camellias to England from China". John Tooby berichtet über die bekannten Dinge wie Lord Petre, der 1739 die ersten lebenden Kamelien erhalten haben soll, aber berichtet weiter über den Blumenmaler G. D. Ehret, der eine Kamelie gemalt habe, die dann 1786 von Trew veröffentlicht sei, die Originalzeichnung sei im Naturhistorischen Museum in London. John Tooby hat diese Zeichnung aufgespürt, offensichtlich durch intensives Studium im Museum. Zu meinem Erstaunen ist dieser Schatz aber bisher nicht genau beschrieben, geschweige denn veröffentlicht worden. Die Kamelienliteratur nahm bisher kaum Notiz von Tooby's sensationeller Entdeckung. Das englische Museumswesen ist erstaunlich: man bekommt detaillierte Antwort, ohne selbst hinzufahren. In der Tat gibt es im Naturhistorischen Museum London eine Mappe mit Ehret-Zeichnungen, undatiert, darunter auch eine Kamelie. Gegen Gebühr konnte ich ein großformatiges Dia leihen und reproduzieren, es ist hier abgebildet. Sketch Nr. 169, gezeichnet 1740, mit Zusätzen 1741.Aus der "Ehret Collection of Sketches" (unbound) von G. D. Ehret. Im Besitz des National History Museum London. Ich danke dem Museum für die freundliche Genehmigung. Photo Ref.T22169/A
Die älteste erhaltene Zeichnung einer blühenden Kamelie in Europa (1740): Dieses Aquarell ist ein erstaunliches Dokument. Zum einen ist es die erste naturgetreue Darstellung einer lebenden Kamelie in Europa durch einen der besten Blumenmaler, zum anderen sind die schriftlichen Bemerkungen sehr aufschlussreich. Bisher galt G. E. Edwards als erste Quelle (siehe unten), doch Ehret hat nun offensichtlich die gleichen Kameliensträucher bei Lord Petre abgezeichnet, mit deutlich besserer Genauigkeit. Nur einige Teile der Skizze sind voll ausgemalt, wie es als Anweisung an den Kupferstecher üblich war. Das ausgemalte Dunkelgrün ist hier fast schwarz, dies liegt aber an dem Originaldia, das auch das Grün einer Referenz fast Schwarz darstellt. Auch das Rot ist in der Originalzeichnung etwas lebhafter anzunehmen. Ich habe nicht versucht, dies zu korrigieren, um nicht zu viel zu manipulieren. Die Kamelie war 1740 60 cm hoch und in voller Blüte. Damit wird das Datum 1739 (Curtis erwähnt es 1788 als das Jahr der Einführung aus China) sehr wahrscheinlich, es kam dann offensichtlich eine erwachsene blühfähige Pflanze. Dies ist erstaunlich, denn die vielen Bemühungen, lebende Kamelien nach Europa zu bringen, scheiterten lange (jedenfalls beim Tee). Ehret hatte zwar Zugang zur Kamelienblüte, aber Samen hat die gefüllte Petre'sche Pflanze natürlich nicht angesetzt. Deshalb griff er 1741 nochmals zum Zeichenstift, als ihm Sir Sloane ein Manuskript mit Chinesischer Zeichnung über Kamelien zeigte. Dieses ist ohne Zweifel Kämpfer's Amoenitatum Exoticarum. Vergleichen wir dort die Abbildung Seite 851 (unten, von mir der Klarheit wegen coloriert), so finden wir genaue Übereinstimmung in den Samen (einer aufgeklappt, sowie die tauben Samen) und die Kapsel mit fünf Fächern (wo doch drei üblich sind und tricocco ausdrücklich im lateinischen Text steht). Bild vergrößern (75kB)Kämpfer's Tsubakki, Amoenitatum Exoticarum, p. 851, 1712, Original in schwarz/weiß, coloriert: K.P.
Wie aber kam Sir Hans Sloane (1660-1753) an die Kämpferschen Originale? Nun, nachdem Kämpfer 1716 starb, erbte sein Neffe das Vermögen, kam später in Schwierigkeiten und mußte den Nachlass verkaufen. Ihn erwarb Dr. Steigerthal - Mitglied der Royal Society und Leibarzt Georg I. - auf Sloanes Anlass, als Georg I. und Steigerthal zur Kur in Bad Pyrmont weilten (1723). Eine Restpartie wurde 1725 erworben.
Die älteste gedruckte Wiedergabe einer blühenden Kamelie in Europa (1747): George E. Edwards: A Natural History of Birds, London 1747. Nach einer längeren Beschreibung des Vogels notiert Edwards: "Die Blume, die hier als Dekoration abgebildet ist, wird 'Chinesische Rose' genannt: Ich zeichnete sie nach der Natur; genau wie wir sie häufig in Chinesischen Zeichnungen sehen; sie öffnet sich breiter als eine Rose und zeigt eine rosarote Farbe. Die grünen Blätter sind steif, fest und glatt, wie bei den Immergrünen. Dieser schöne Blütenbaum wurde vom seligen wißbegierigen und edlen Lord Petre gezogen, in seinen Warmhäusern in Thorndon Hall in Essex" (Quelle: Harold Hume: Camellias in America, Harrisburg, 1955. Georg Dionysius Ehret wurde 1708 in Heidelberg geboren und wuchs unter ärmlichen Umständen auf. Nach dem Tod seines Vaters heirate die Mutter den Aufseher der markgräflichen Gärten in Heidelberg, und Georg wurde mit der Aufsicht über einen Teil der Gärten beauftragt. Georg wurde bereits vom Vater im Blumenzeichnen eingewiesen, und er fiel dem Markgrafen persönlich durch seine Zeichnungen auf. Da er unter den Gärtnern nun besonders protegiert wurde, gab es Ärger, und Georg verlies Heidelberg. Über Nürnberg, Ulm, Regensburg, Wien landete er schließlich wieder in Regensburg. Er versuchte, von Pflanzenzeichnungen zu leben, mehr schlecht als recht, und wurde ausgenutzt. Schließlich entdeckte der reiche Arzt Dr. Trew aus Nürnberg seine Talente, und eine lebenslange Freundschaft begann. Er bereiste Basel, Paris, Lausanne, Genf, Lyon und Montpellier, wo er zeichnete und Trew mit Bildern versorgte. In London traf er Sir Hans Sloane sowie Philip Miller, den größten Gärtner seiner Zeit ( Gardeners Dictionary 1724, Figures of Plants 1760, mit Zeichnungen von Ehret). 200 Zeichnungen gingen wieder an Trew. Er reiste nach Holland, freundete sich dort mit Linné an und zeichnete für ihn eine Tabelle der Staubfäden, sowie seltene Pflanzen des Hortus Cliffortianus 1737). Er heiratete die Schwägerin Millers und lebte bis Lebensende in seiner Wahlheimat London. Er und seine Arbeit waren in London in den höchsten Kreisen sehr begehrt. Er starb im Alter von 62 Jahren 1770. (Quelle: Blunt, Wilfried: The Art of Botanical Illustration, London, Collins, 1950).
Bild vergrößern (38kB)
Herr Wirsing, der Kupferstecher, hatte offenbar eigene Vorstellungen von Kamelien. Er benutzte zwar die Vorlage von Ehret (man muß näher hinsehen), aber er zaubert uns eine himmelblaue, zweifarbige Blüte (s. oben links). Die Hauptblüte zeichnete er nach der Bleistiftvorlage, die bei Ehret oben rechts angedeutet ist. Dabei hat Wirsing die "Kamelienkrone" erfunden (grüner Pfeil, bei Ehret noch ein einfaches Blütenblatt). Wirsings Blüte hat irgendwie Verwandtschaft mit einem weinroten BigMac, gefüllt mit Sauerkraut. |
[ TOP ] |