Eigentlich wollte ich in diesem Jahr (2003) keine größere Reise mehr machen. Doch dann erhielt ich Ende September die Einladung nach Tokyo. Ich wurde eingeladen, an der Feier zum Jubiläum des Kunstmalers Masahiro Kobayashi teilzunehmen und ein paar Worte zu sagen. Kobayashi ist einer der in Japan bekanntesten Bergblumenmaler und Mitglied in der ICS. Heute malt er fast nur noch Kamelien. Wir sind seit Jahren gut miteinander befreundet. So konnte ich nicht widerstehen und flog vom 04.11. bis 12.11.2003 nach Tokyo. Kurz zu Tokyo: Die Stadt hat gut 12 Millionen Einwohner auf 2186 quadratkilometer und besteht aus 23 Bezirken und 40 eingemeindete Städte und Dörfer. Im Verhältnis dazu hat Berlin 3,29 Millionen Einwohner auf 882 quadratkilometer. Um 9:00 Uhr erreichte ich den Flughafen Narita von Tokyo. Von dort ging es mit dem Bus 65 km zum Keio Plaza Hotel. Hier sollte die Feier zelebriert werden. Noch etwas müde sah ich links und rechts der Schnellstrasse blühende Sträucher. Doch dann wurde ich hellwach; es waren Kilometer um Kilometer blühende Sasanquas, rot, weiß, gefüllt und ungefüllt. Leider konnte ich keine Fotos machen, mein Fotoapparat war noch im Koffer verstaut.
Im 42. Stock des Keio Plaza Hotels feierten wir das Jubiläum. Zur Feier waren siebzig Gäste geladen. Wegbegleiter und Kunstprofessoren von Masahiro Kobayashi hielten ihre launigen Lobreden auf den Jubilar. Untermalt war das Ganze mit Musik und Gesang. Um mir eine Freude zu machen, sang ein Sänger auf deutsch Am Brunnen vor dem Tore und eine Sängerin das Ave Maria , sie hatte eine sehr schöne Stimme. Aus den Fenstern des Hotels hatte ich eine herrliche Sicht auf die Stadt und einen direkten Blick auf das bauliche Wahrzeichen der Stadt, dem 243m hohen Rathaus von Tokyo in Shinjuku.
Im Nationalmuseum ist das Fotografieren leider nicht gestattet, ich habe aber doch einige Aufnahmen gemacht. Im Shinjuku-gyoen Park hatte ich dann mehr Gelegenheit zu Fotografieren, konnte ich doch eine Chrysanthemenschau bewundern, wie ich sie nie zuvor gesehen hatte. Ich sah Einzelpflanzen, die zu riesigen Kissen gezogen waren, welche bis zu 520 Einzelblüten hatten. In meiner eigenen Bonsai - Gestaltungs-Zeit habe ich mich auch mit Chrysanthemenkaskaden befasst, doch so vollendete Exemplare sah ich hier zum ersten Mal.
Für einen Bonsaifreund wie mich, war es dann ein großes Erlebnis, Bonsai -Village einem kleinen Teilort von Tokyo zu durchwandern. Hier sieht man Bonsai auf fast jedem Grundstück, zum Teil nur für den Privatgebrauch, meistens aber professionell produzierende Betriebe. Leider durfte ich auch hier nicht fotografieren und habe doch einige Schnappschüsse aus der Hüfte gemacht.
Was mich als Kamelienfreund in Tokyo so glücklich machte ist, dass es um diese Jahreszeit in fast jedem Winkel blühende Sasanquas aber auch andere Kamelien zu sehen gibt. Dazu kam noch das wunderschöne Wetter, bis zu 240 Celsius hatten wir. Am Morgen war es meist bedeckt. Es gibt keinen Frost in Tokyo. Es kommt schon einmal vor, dass Schnee fällt, der bleibt aber nicht liegen. Im Yoyogi Park liegt der größte Schrein Tokyos, der Meiji Schrein. 1920 eingeweiht. Im Park war zur Zeit meines Besuches eine Bonsaiausstellung von Chrysanthemen.
Außerdem war Feiertag und die Brautpaare hatten hier ihren Fototermin. So ein Brautkleid ist ab etwa 4000 Euro zu haben. Man kann es auch leihen. Aber dieses gilt nicht als fein. Die Männer bevorzugen den Frack; das traditionelle Gewand wäre zu teuer.
Um den kaiserlichen Palast zu besuchen, war ich zur Unzeit dort. Er ist für fremde Besucher nur zweimal im Jahr geöffnet. Zugänglich ist aber der Ostgarten. Der Zugang führt entlang von alten hölzernen Wachhäusern. Im Park ist eine kleine Teeplantage, ein Kirschbaum war in voller Blüte. Bevor es niederbrannte, war der Bergfried einst das höchste Gebäude von Tokyo. Nah dabei steht die achteckige Musikhalle, die zu Ehren des 60sten Geburtstages der Kaiserin erbaut wurde. Im Hintergrund kann man das Dach der für die olympischen Spiele erbauten Judohalle sehen. Diese ganze Anlage wird von einem Wassergraben umschlossen. Nicht weit von diese Stelle hatte ich am Abend ein Treffen mit den Vorsitzenden der JCS. Sie hatten mich zu ihrem Treffen geladen, weil sie für das Frühjahr 2004 eine Reise nach Deutschland planen und von mir gerne einige Reisetipps hätten.
Mein großer Wunsch den Fuji-jama zu sehen, erfüllte sich nicht. Er hüllte sich in dichte Regenwolken und ließ sich nicht blicken. Als Ersatz für den Fuji-san fuhren wir zum Nikko- Nationalpark und besuchten den Töshögü -Schrein. 160 km sind es bis dorthin, davon 100 km Autobahn. Die Grünstreifen und die Seitenbegrenzungen waren bepflanzt mit blühenden Sasanquas. Trotz des trüben Wetters ging mir das Herz auf. Der Nikko- Nationalpark ist in dieser Zeit für seinen „Indiansummer“ berühmt. Wegen des trüben Regenwetters habe ich als Ersatz im Kosugi-hoan Museum of Art, Fotos von der Videowand aufgenommen.
1634 wurden 15000 Handwerker damit beauftragt, den Töshögü- Schrein zu bauen. Es entstand ein wahres Kunstwerk. Die barocke Pracht besteht aus 22 Gebäuden. Ein japanisches Sprichwort sagt: Sag nie prächtig, bevor du Nikko gesehen hast! Leider regnete es so stark, dass ich zuwenig Fotos machen konnte. Einige Bonsai fotografierte ich in den Ausstellungsräumen. Besonders schön fand ich einen Kaki-Bonsai mit Früchten. In Tokyo sieht man um diese Zeit sehr viele Kaki mit ihren leuchtenden Früchten in verschiedenen Formen. Wie bei den Melonen, so hat man auch quadratische Kaki gezüchtet. Eine Kameliengärtnerei habe ich auch besucht, die von Funaki. Ungefähr 500 verschiedene Kamelien sind in verschiedenen Altersstufen im Angebot. Ich habe auch einige gekauft, den Bimskies aus den Wurzeln herausgewaschen und sicher nach Hause gebracht.
Der Regen nahm kein Ende. So besuchten wir das Seikado Bunko Art Museum. Begründet durch Baron Iwasaki. Es beherbergt die Iwasaki Familiensammlung, von antiken japanischen und chinesischen Büchern, Dokumenten und asiatischer Kunst. Die Iwasaki waren Präsidenten vom Mitsubishi Konzern. Jetzt noch ein Kamelienrausch im Regen. Der Freizeitpark Kodomo-no- kuni mit vielen Erholungseinrichtungen beherbergt außerdem noch 5000 Kamelien und 500 Sasanquas. Familie Short hat hier auch schon eine Kamelie gepflanzt.
Zum Abschluss meines Aufenthalts in Tokyo haben meine Gastgeber noch ein Abschiedsessen gegeben. Ich danke Kioyko und Masa Kobayashi für ihre Gastfreundschaft und ihr enormes Bemühen, mir so viel wie möglich zu zeigen. Ich habe viel gesehen und viel über das Leben in Japan gelernt und bin dankbar, dass ich dorthin fahren konnte.
Waldemar Max Hansen
|