Heute möchte ich ihnen etwas über alte Kamelien und deren Standorte in Europa vortragen. Berichten zufolge haben bereits vor 500 Jahren portugiesische Seefahrer die Camellia Thea sinensis nach Europa gebracht, die noch heute auf den portugiesischen Atlantik-Inseln, den ,Azoren, kultiviert werden.
Vor zwei Jahren erhielt ich ein Buch über Gewächshäuser im 19ten Jahrhundert. In diesem Buch ist auch das Kamelienhaus von Wollaton-Hall beschrieben. Es liegt bei Nottingham/England und wurde 1823 für 10.000 Pfund erbaut, 1.400 Pfund davon für den Erwerb der Kamelien. 1980 kostete die Restauration 130.000 Pfund. Als Gewächshaus erfüllt der Bau einen speziellen Zweck: er wurde im Hinblick auf die Bedürfnisse von Kamelien konzipiert. Das Kamelienhaus ist ein Kalthaus, das laut Empfehlung der Enzyclopaedia of Gardening nicht zuviel Licht einlassen sollte, da zu starkes Sonnenlicht die Pflanzen schade. Diese gärtnerische Anforderung macht verständlich, warum das Dach nicht durchgehend mit Glas gedeckt ist. Die zum Bau verwendeten Materialien sind hauptsächlich Kupfer, Messing Glas und eiserne Pfeiler. Die Form des Hauses ist ein unregelmäßiges Vieleck. Es wurde gegen eine schon bestehende Mauer gebaut. Leider konnte ich die Kamelien in dem Haus nicht besichtigen. Es war geschlossen, jugendliche Vandalen hatten die ganze Fensterverglasung zerstört. So sind die Fensterfronten jetzt mit weißen Platten zugestellt. An der linken Seite des Hauses stehen drei Kamelien. Eine davon begann gerade mit dem Blühen.
In Chiswick-House/London können sie eine große Kollektion der Kamelien bewundern, die Anfang des 19ten Jahrhunderts nach England gekommen sind. Die eigentliche Kamelienkultur begann cirka vor 250 Jahren in England und auf dem europäischen Festland. Pflanzenjäger brachten sie aus dem fernen Asien zu uns. Anfangs hatte man mit der Kultur ziemliche Misserfolge. Die Ursache war, sie wurden viel zu warm in Glashäusern gehalten und so schieden die meisten dahin, bis man entdeckte, dass sie sich im Freien in kühlen gemäßigten Gebieten recht wohl fühlten und bestens gediehen. So stand ihrer Verbreitung im westlichen Europa nichts mehr im Wege.
Ein richtiger Kamelienboom entstand. Bald wurden Kamelien in Italien, Frankreich, England, Portugal, Belgien und auch in Deutschland in großen Mengen produziert. Zunächst waren es nur einfach blühende Kamelien, später kamen auch gefüllt blühende Sorten hinzu.
Auch in Griechenland (auf der Halbinsel Magnesia in Zagora) habe ich Kamelien gefunden, die schon über 100 Jahre alt sind. Siehe I.C.S. Journal 1998. Page 26 - 30.
In Gleisweiler bei Landau/Rheinland-Pfalz auf dem Gelände einer 1844 erbauten Privatklinik, finden wir viele gut gepflegte bis zu 160 Jahre alte Kamelien.
Die älteste bekannte C.japonica Europas steht in Pillnitz/Dresden. Sie ist den Überlieferungen Zufolge 1770/71 dort gepflanzt worden und soll zu dem Zeitpunkt schon etwa 20 Jahre alt gewesen sein. Jetzt, ein stattlicher Baum, mit 9m Höhe und einem Kronendurchmesser von 11,5m. Im Winter steht sie geschützt in einem zerlegbaren Gewächshaus, in dessen Konstruktion eine Heizung eingebaut ist. Nicht weit von ihr steht die Roßweiner Kamelie Alba Plena, mit über 200 Jahren die wohl älteste gefüllt blühende Kamelie nördlich der Alpen. Sie hat eine Höhe von 6,5m und einen Stammumfang von 60cm.
Im 19.Jahrhundert erlebte die Kamelie in Europa eine Hochkonjunktur, die mit Ende des 19.Jahrhunderts durch verschiedene Einflüsse wie Mode, aufkommende Zentralheizungen in den Wohnungen usw. wieder abnahm. Über dieses Kapitel berichtete ich 1999 auf dem internationalen I.C.S. Kongress in Miyazaki/Japan. I.C.S Journal 1999 Page 112 - 117.
Trotz zweier Weltkriege, die im 20.Jahrhundert in Europa vieles zerstörten, blieb noch eine Vielzahl schöner alter Kamelien erhalten.
Solche, wie die oben genannten, aber auch an anderen Plätzen. So hatte ich das große Glück,
im Februar 2002 mit noch neun I.C.S. Mitgliedern aus Europa, die Gewächshäuser des Königs von Belgien in Brüssel/Laeken besuchen zu dürfen. Zwei Tage in den Anlagen zu wandeln ist schon etwas herrliches. In einem Park von 200ha sind 18000m2 mit Glashäusern aus dem 19.Jahrhundert überbaut. 700m verglaste Wandelgänge verbinden die Glashäuser. (König Leopold II, regierte von 1865 bis 1909). Die Konstruktion der Gewächshäuser ist aus Gusseisen, wie es damals üblich war. Sie gehören zu den größten ihrer Art, die noch in Europa erhalten sind. Allein der sogenannte Wintergarten hat einen Innendurchmesser von 56m und eine Höhe von fast 26m, darauf eine Krone mit 8m Durchmesser. Auf den Kapitellen einer kreisförmigen Kolonnade von 36 dorischen Steinsäulen ruht das Hauptgewicht des metallischen Netzwerkes. Neben einer Vielzahl von Palmen, Baumfarnen und vielen anderen Pflanzen, befindet sich darin eine Sammlung mit über 300 alten Kamelien, die zum großen Teil bis zu 150 Jahre alt sind. Die Orangenbäume der Orangerie sind 200 bis 250 Jahre alt. Über die Glashäuser von Brüssel/Laeken zu berichten, ist eine eigene Geschichte, die den Rahmen hier sprengen würde. (Aber wir waren nicht zum Vergnügen nach Laeken/Brüssel eingeladen, ein Gärtner hatte von den Kamelien die Etiketten fortgeworfen und wir sollten versuchen, sie zu identifizieren.)
Ein besonderes Kleinod mit alten Kamelien von dem ich hier berichten möchte, befindet ganz in der Nähe meines Wohnortes.
Der zoologisch-botanische Garten Wilhelma in Stuttgart Bad Cannstatt.
Foto von König Willhelm I. von Württemberg und Tochter, Prinzessin Sophie, spätere Königin der Niederlande. Sie liebte anscheinend auch die Kamelien. König Wilhelm I. ließ seine Tochter als junges Mädchen mit einer Kamelie im Haar malen. Auch als Kronprinzessin gibt es ihr Portrait zusammen mit einer kleinen blühenden Kameliepflanze. Von dem Züchter Glym aus Utrecht wurde eine Kamelie nach ihr benannt. Erzählt wird, dass sie ihrem Vater einen Papagei schenkte, der so lebhaft war und voller Streiche steckte, dass er den ganzen Hofstaat belustigte.
Mitte der 1830er Jahre, als Schloss Rosenstein längst stand und der dazugehörige Park im wesentlichen angelegt war, sah es weiter unten, auf dem Gelände der heutigen Wilhelma noch wesentlich anders aus. Es gehörte zum größten Teil König Wilhelm I. von Württemberg (1781 bis 1864). 1836 und 1837 wurden noch zwei restliche Gebäude mit dazugehörigen Gärten für rund 100 000 Gulden erworben. Das ganze Gelände war, soweit es nicht überbaut war, eine ziemlich öde Gegend. Der König war entschlossen, das eben erwähnte Gelände in großzügiger Weise in Anlehnung an den Rosenstein auszugestalten. Schon bei der Anlegung des Rosensteinparks war am Abhang des Letschenberges, gegen das tiefergelegene Gelände, eine starke Terrassenmauer mit einer Treppenanlage für rund 35 000 Gulden erbaut worden. Es ist die noch heute stehende Terrassentreppe hinter dem Schloss.
Nach den Plänen des Königs, sollte die Bellevue abgebrochen, dann in der Nähe ein Theater erstellt, weiterhin ein Badhaus mit anstoßenden Gewächshäusern erbaut und dann die Stuttgarter Orangerie sowie der Inhalt der Gewächshäuser des in Stuttgart befindlichen königlichen botanischen Gartens, abgesehen von kleinen, für den laufenden Bedarf des Hofes in Stuttgart benötigten Bestand, in die neuen Cannstatter Gewächshäuser verlegt und schließlich das ganze übrige Gelände gärtnerisch angelegt werden. Der Architekt hierfür war der spätere Hofbaumeister Dr. Ludwig von Zanth.
Am 15.Juni 1838 erhielt von Zanth den Auftrag, einen Planungsentwurf samt Kostenberechnung für das zu erbauende Theater vorzulegen. Am 24. Juli 1838 erklärte sich der König mit dem von Zanth vorgelegten Plan und Kostenüberschlag einverstanden.
Die Kosten waren mit 69 000 Gulden berechnet. Aber wie heute, so wichen auch damals die wirklichen Kosten von dem Voranschlag erheblich ab. Die gesamten Kosten für den Theaterbau beliefen sich schließlich auf 103 000 Gulden. Am 29. Mai 1840 konnte dann das Theater eröffnet werden. Gleichzeitig hatte der König den Wunsch nach einem Badhaus. Es sollte im maurischen Stil mit an beiden Seiten angrenzenden Gewächshäusern gebaut werden.
Weitere kostspielige Bauten waren auf Befehl des Königs bereits erstellt, teils noch im Entstehen. Rechts und links vom Wohngebäude bzw. den Gewächshäusern herab sollten Säulengänge erstellt werden, so dass man trockenen Fußes durch den ganzen Blumengarten in das Wohngebäude gelangen konnte. Die Benennung des Gebäudes machte ziemliches Kopfzerbrechen. Ursprünglich Badhaus genannt, auch Palais, diese passte dem König nicht. Letztlich entschied der König sich für die weibliche Bezeichnung Wilhelma. Die wertvollste bauliche Ergänzung und Bereicherung erhielt die Wilhelma aber durch, die in den in den Jahren 1847-1851 Erstellung des Festsaalgebäudes, ausgestattet mit kostbaren Möbeln, Teppichen und Wandmalereien. Die Fenster waren mit Glasmalereien geschmückt, die natürliche Blumen darstellten, so dass man glaubte, echte Kamelien, Azaleen und Rosen zu sehen. Zu diesen Gebäuden kamen noch die Damaszener-Halle und ein Küchengebäude hinzu.
Die Gartenanlagen der Wilhelma
Schon im April 1837 hatte der König zu erkennen gegeben, dass das gesamte unterhalb des Rosensteinparks gelegene Gelände gärtnerisch angelegt und sowohl die Orangerie wie auch die Gewächshäuser aus Stuttgart nach Cannstatt verlegt werden sollten. Für die künftige Gärtnerei Rosenstein sollten aber nur Pflanzen ausgewählt werden, die sich entweder durch eine schöne Form, durch schönes Grün oder durch schöne Blüten auszeichneten. Alle anderen Pflanzen, wenn auch noch so selten sind oder wenn sie sonst eine botanische Eigenschaft in rein wissenschaftlicher oder technischer Beziehung an sich tragen, mit denen die obigen Eigenschaften der Zierpflanzen nicht verbunden sind, ausgeschlossen werden sollten.
Mit der Anlegung des Gartens wurde sofort im Frühjahr 1845 begonnen. Es ist der heutige Maurische Garten, dessen Hauptattraktion im April die Pracht von Hunderttausenden verschiedenfarbiger Magnolienblüten ist. Nicht nur die Fülle der Pflanzen, die den größten Magnolienhain Deutschlands bilden, ist von Interesse.
Auch die Zahl der zum Teil alten Sorten verleiht diesem Teil des Parks eine besondere Anziehungskraft auf Magnolienfreunde. Diese Vielfalt soll in Zukunft durch sorgfältige Suche nach neuen Pflanzen auch erhalten werden.
Zum Kummer der Magnolienfreunde und zur Freude der Papageienliebhaber lebt auf dem Gebiet der Wilhelma, frei, eine große Kolonie von Gelbbugamazonen (Amazona aestiva xanthopterix). Verbreitung: Von Nord-Bolivien durch Paraguay bis Nord-Argentinien. Sie fressen leidenschaftlich gern die Blütenknospen der Magnolien. Im Zentrum des Maurischen Gartens liegt das 1000 Quadratmeter große Becken für tropische Seerosen. Es ist in seiner Art einmalig in Europa und stellt einen sommerlichen Höhepunkt in der Wilhelma dar.
Damit sich die tropische Pracht den ganzen Sommer über entfalten kann, wird das Wasser des Beckens künstlich auf ca. 30oC erwärmt. Besonders beeindruckend sind die größten Seerosen der Erde, Victoria amazonica und Victoria cruziana. Sie müssen jedes Jahr erneut aus Samen herangezogen werden. Die Victoria regia erhielt der König 1851 von einem Landpfarrer geschenkt. Aus der ganzen Welt zusammengetragen sind die Seerosen, deren Blüten von weiß über gelb, zart lachsfarben, rosa, rot, hellblau bis blauviolett gefärbt sind.
Die Gewächshäuser der Wilhelma
Die schönste Perlen der Wilhelma bilden heute unbestritten ihre herrlichen weltberühmten Gewächshäuser. Zum Bepflanzen der Gewächshäuser war man sich bewusst, das hier ein enormer Aufwand erforderlich war. So sollten neue Zierpflanzen, die bisher nicht vorhanden waren gekauft werden. Unter anderem wünschte der König Azaleen, Kamelien und Rhododendren. Im März 1845 konnte mit der Beschaffung der Pflanzen begonnen werden. Zunächst wurden 200 Stück besonders schöne und große Kamelien der seltensten Varietäten von einem Frankfurter Baron um 2000 Gulden erworben. Den Ankauf der ganzen Sammlung hatte der König durch Dekret vom 13. Februar 1845 abgelehnt, Da ohnedies für die neuerbauten Gewächshäuser Pflanzen für viele Tausend Gulden angekauft werden müssten, wäre der Aufwand von 8000 Gulden zu groß.
Im Mai kamen die wertvollsten Pflanzen auf dem Schiff unter Begleitung eines Gärtners in Cannstatt an. 1848 reiste Gärtner Müller nach Marseille, um die erforderlichen 106 hochstämmigen Orangenbäume zu kaufen. Dem König genügten seine Gewächshäuser bald nicht mehr. In den Jahren 1852/53 wurde deshalb für 117500 Gulden ein Wintergarten mit fünf Gewächshäusern erstellt. Es sind die Häuser, die jetzt Jahr für Jahr von Zehntausenden Besuchern durchwandert werden, um die Blütenpracht der Azaleen, Kamelien und viele andere Pflanzen und Blumen zu bewundern.
Die Wilhelma - jahrzehntelang ein unzugängliches Märchenschloss
Ein Märchenschloss, wie aus Tausendundeine Nacht, hatte der beharrliche Wille des kunstsinnigen Königs auf dem einst so öden Gelände hervorgezaubert. 1,5 Millionen Gulden, oder nach heutigem Wert, 240 Millionen Euro, hatte er dafür investiert. Fast konnte man glauben, die morgenländischen Wunder der Alhambra seien in das Zaubertal des Neckars versetzt. Trotz allen Formen- und Farbenreichtums, war über dem Ganzen eine harmonische Ruhe ausgebreitet. Aber die Wilhelma blieb jahrzehnte lang ein Veilchen, das im Verborgenen blühte. Der König hat , bis auf wenige Ausnahmen, zu seinen Lebzeiten niemanden erlaubt, das Gelände zu betreten.
Ende des Schlafes
1918/19 ging die Wilhelma in Staatsbesitz über und wurde als kleiner botanischer Garten mit einer Orchideen-und Kakteensammlung, sowie der Kamelien-, Azaleen-, Rhododendron- und Magnolienblüte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober 1944 fiel die Wilhelma den Bombenangriffen zum Opfer. Die exotische Pracht, der Zauber der Alhambra war vorüber. Die Pflanzenschätze, soweit man sie nicht vorsorglich ausgelagert hatte, waren zerstört. Übriggeblieben aus alter Zeit sind nur der Maurische Garten, Reste des Wohngebäudes mit den kostbaren Gewächshäusern, das Küchengebäude und der Eingang zum Festsaal, die alte Gewächshausreihe mit dem Wintergarten in der Mitte, der Belvedere Pavillon und die Damaszenerhalle. Es schien das Ende zu sein. Doch Dank des Einfallsreichtums Albert Schöchles und seines Nachfolgers Wilbert Neugebauer, wurde die Wilhelma zu einem zoologisch - botanischen Garten entwickelt, der seinen Platz in den großen Gärten der Welt behaupten kann. Sie können heute wieder die bis zu 150 Jahren alten Azaleen und noch eine große Anzahl der alten Kamelien, aus der Zeit von König Wilhelm I. bewundern. Manche der Kamelien sind schon über 170 Jahre alt.
Hier einige Namen der noch vorhanden alten Kamelien:
Virginia Franco
Latifolia
Leana Superba
Sericea
Pelagi
Tricolor/Sieboldii
Victoria Antwerpensis
Alba Plena
Eugenie de Massena
Madoni
Variegata
Bealei Roseea
Roi de Belges
Sacco di Lainate
Elisabeth Herbert
Preston Rose
Duc de Devonshire
The Emporer
Mathothiana rubra
Calypso Vera
Rubrucaulis
Humilis
Es gibt jedoch keinen Stillstand in der Entwicklung der Wilhelma; so kam im Jahre 2000 ein großartiges Amazonienhaus für 9 Millionen Euro hinzu und Jahre 2002 ein beeindruckend großzügiges Insektenhaus mit kostbaren Schmetterlingen aus aller Welt. Der zoologisch-botanische Garten Wilhelma in Stuttgart hat in der Welt einen guten Ruf. Natürlich konnte ich hier nicht alle alten Kamelien und deren Standorte in Europa vorstellen, manche werden sie auf dieser Reise in Italien und in der Schweiz selber besucht haben.
Ich hoffe, ich habe Sie nicht mit meinen Ausführungen gelangweilt und bedanke mich für ihr Zuhören.
Es würde mich freuen, Sie einmal in Stuttgart begrüßen zu dürfen.
Waldemar Max Hansen
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