Herr Duttweiler hatte sich gut mit Karten vom Pilion versehen und auf seiner Fahrt von Athen nach Volos einige Kamelienstandorte genannt bekommen. In der Lobby des Hotels breiteten wir die Karten aus und begannen, unsere Route auszuarbeiten. Es gesellte sich ein Gast zu uns, der sich als Bürgermeisterkandidat des südlichen Magnesia vorstellte. Er heißt Stergios Papaioannou. Dieser erbot sich, uns bei unserer Tourenplanung behilflich zu sein und am nächsten Morgen alles mit uns zu besprechen
10. März 1998
Gegen 10.00 Uhr trafen wir uns wieder in der Lobby zur Besprechung. Wir vereinbarten, zuerst mit dem Bus nach Portaria zu fahren. Herr Papaioannou wollte uns von dort am nächsten Tag zu einer Rundfahrt abholen. Im Hotel Portaria hatte er für uns ein Zimmer zum Vorzugspreis reservieren lassen. Dort angekommen, regnete es, so daß wir gleich das Hotel aufsuchten, um uns aufzuwärmen und zu trocknen. Im Ort und vor dem Hotel fanden wir schon prächtige Kamelien in Kübeln gepflanzt vor, dies stimmte uns hoffnungsfroh, noch mehr zu finden. Jetzt warteten wir erst einmal auf schöneres Wetter. Aber es kam anders, der Regen wandelte sich in Schnee. Es entwickelte sich ein richtiges Schneetreiben.
11. März 1998
Die Straßen waren vereist, überall lag Schnee und auch die Kamelien hatten Schneemützen auf. Herr Papaioannou ließ uns telefonisch ausrichten, dass er uns wegen des schlechten Wetters erst um 12.00 Uhr abholen würde.
So hatten wir Zeit, nach Makrinitsa zu spazieren. Wir konnten mächtige Platanen, Silberpappeln, die schon stark am austreiben waren, sowie blühende Kamelien und Viburnum tinus mit Schnee bedeckt bewundern. Immer wieder sahen wir auch in den Gärten große Ilex latifolia mit ihren leuchtend roten Beeren. An den felsigen Hängen blühte dicht an dicht Euphorbia characias.Das Wetter hatte sich beruhigt, der Himmel war zwar bedeckt, es regnete jedoch nicht mehr. Gegen 12.00 Uhr holte uns Vasilios im Auftrag von Herrn Papaioannou ab. Vasilios spricht gut deutsch und hat bis zu seinem 11.Lebensjahr in Dortmund gelebt, dann musste er mit seinen Eltern wieder nach Griechenland. Mit ihm fuhren wir wieder nach Volos, holten dort Herrn Papaioannou ab und begaben uns auf Südkurs durch viele kleine Ortschaften, wie Agria, Lehonia, Kala Nera in Richtung Argalasti entlang der Küste, in die Berge, vorbei an prächtigen Orangen- und Zitronenbäumen, großen Obstplantagen, Weinpflanzungen und Olivenwälder. Die Birnen, Kirschen, Pfirsiche, Pflaumen und Aprikosen waren teilweise in voller Blüte. In Argalasti machten wir eine Kaffeepause, Herr Papaioannnou hat hier eine Reiseagentur. Anschließend ging es weiter. Wir hielten noch an einem Privathaus, um Kamelien zu bewundern.
Danach ging es über Lavkos ans Meer nach Milina und nach Horto, entzückende kleine Badeorte. In Horto steht abseits der Straße, frei ausgepflanzt, eine ca 4,5 m hohe Kamelie in voller Blüte. Auf kleinen schmalen romantischen Straßen fuhren wir wieder Richtung Argalasti, bogen aber vorher Richtung Kalamos von der Straße ab und kamen auf einem steil abfallenden, unbefestigten Feldweg wieder zum Meer. Hier, oberhalb einer wunderschönen kleinen Bucht hat Herr Papaioannou ein kleines Hotel in einerprächtigen Gartenanlage. Seine Frau erwartete uns schon mit dem Essen. Es gab Thunfisch mit Salaten, Brot und süß eingelegten Früchten. Anschließend brachten uns Vasilios und Herr Papaioannou nach Visitsa. Ein Dorf mit riesigen Platanen, einmalig schönen Wohntürmen und Herrenhäuser im Pilion-Baustil. Hier bekamen wir herrlich ausgestattete Zimmer im
Hause Thetis, ein Wohnturm. Der Pilion-Baustil ist ein einfach hinreißend schön und es ist wohltuend, daß auch Neubauten oder verfallene Anwesen in diesem Stil wieder aufgebaut werden.
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12. März 1998
DDas Wetter ist endlich schöner geworden. Nach dem Frühstück machten wir eine kleine Ortsbesichtigung treppauf, treppab und über steile holprige Pfade. Natürlich hatte man auch hier in Töpfen und frei ausgepflanzte Kamelien. Busabfahrtzeiten in Griechenland zu erhalten, sind immer ein Lotteriespiel. Vasilios hatte mich in der Gaststätte angerufen und mir gesagt, der Bus nach Tsagarada fahre ab Milies um 14.45 Uhr, anschließend verlangte er die Wirtin zu sprechen. Diese erklärte mir dann, daß der Bus um 12,45 Uhr führe. So machten wir uns auf den Weg, um den Bus um 12.45 Uhr zu erreichen. Dort stellten wir fest, daß er doch erst um 14.45 Uhr fahren würde. Der Weg von Visitsa nach Milies führt leicht talwärts. Immer wieder, so auch hier, trifft man auf Erica arborea, die in voller Blüte stehen. Die Wiesenhänge sind bedeckt mit Margeriten und Anemonen. Leider benutzen die Griechen die Schluchten als Müllabladeplätze. Riesige Edelkastanien säumen den Weg. An der Bushaltestelle angekommen, mußten wir feststellen, daß wir viel zu früh waren. Was jetzt? Erst einmal essen, beim Bäcker gab es Brot und etwas zu trinken. Dann warten! Keine Lust mehr zu warten, Daumen hoch und siehe da, es klappt. Ein Lieferwagen hielt, wir durften einsteigen.
Diese Mitnahme war für uns nicht nur ein Glückstreffer, weil wir mitgenommen wurden, sondern wir hatten auch gleich den Besitzer einer Pension von Tsagarada erwischt. Die Unterkunft war also gesichert, dazu hatte seine Mutter auch noch eine kleine Gärtnerei, in der sie Kamelien vermehrte. An den Wegrändern zur Pension stehen viele große Kamelien in Kübeln. Jedoch was ist das? Packungen an den Zweigen der Kamelien. Die Antwort, die Mutter des Wirtes betreibt die Vermehrung durch Abmoosen. Nachdem wir unser Gepäck abgeladen und uns erfrischt hatten, machten wir uns auf Ortsbesichtigungstour. Unser erstes Ziel war eine riesige tausendjährige Platane, fast 5m Stammdurchmesser und 45 m Kronendurchmesser, ein äußerst beeindruckender Anblick. Danach bummelten wir weiter durch die Gassen. Immer wieder Kamelien am Wege, besonders zu einem Haus führte eine Allee bestehend aus großen Metallfässern mit Kamelien bepflanzt. Als wir uns dem Haus näherten, kam ein junger Mann, namens Panos, heraus, dem wir erzählten, daß wir auf der Suche nach Kameliengärtnern wären. Volltreffer! Der junge Mann war ein solcher. Das heißt, wir mußten erfahren, daß auch er, wie seine Kollegen keine Züchter sind, sondern die Vermehrung überwiegend durch Abmoosung betreiben. Für die Stecklingsvermeh-rung brauchten sie eine bestimmte Erde, die ihnen zu teuer sei. Die Mutterpflanzen des jungen Mannes waren schon über 30 Jahre alt und ein Erbe von seinem Großvater. Leider war keine Auskunft darüber zu erhalten, wann und woher die Kamelien nach dort gekommen seien. Der Vater des jungen Mannes meinte auf meine Frage, sie seien von Dresden aus Deutschland gekommen. Nach meiner Einschätzung haben sie die Sorten: Mathotiana, alba , rosea, rosso, Contessa Lavignia Maggi,Elegans und ähnliche. Zum Abmoosen wird reiner Weißtorf mit ein Wurzelpräparat versehen. Unser Abendessen haben wir in einer typischen Taverne eingenommen.
13. März 1998
Ein privater Autofahrer nahm uns um 9.00 Uhr gegen Taxigebühr mit zu unserem nächsten Ziel Zagora. Wieder ein herrlich gelegener Ort. In puncto Kamelienvermehrung und Handel nicht sehr ergiebig. Wir trafen lediglich einen alten Schmied, der auch mit Topfkamelien handelte. Herr Duttweiler kaufte eine. So wanderten wir durch den Ort zurück in Richtung Makrirahi. In den Vorgärten Zagoras sahen wir prächtige Kamelien frei ausgepflanzt, mit teilweise unterem Stammdurchmesser bis zu 20 cm. Da so schnell kein Bus zu erwarten war, beschlossen wir zu trampen. Am Ortsausgang hielt ein Mitsubishi pick up. Der junge Fahrer und sein Beifahrer waren bereit, uns auf der Ladefläche mitzunehmen. Der Fahrer lenkte das Fahrzeug recht vorsichtig, so dass wir gut Gelegenheit hatten, die Landschaft zu bewundern. Wieder ein einziger Obstgarten und hier auch, wie an schon so vielen Stellen, riesige Edelkastanien und Walnüsse. Am Ortseingang von Makrirahi hielt der Fahrer, um zu fragen, wo er uns absetzen könne. Wir erklärten, daß wir Kamelien und deren Vermehrungsbetriebe sehen wollten. Siehe da, wir hatten gleich den Richtigen erwischt. Er hatte nämlich den größten Kamelienvermehrungsbetrieb am Ort mit ca. 20 000 Mutterpflanzen in annähend 10 Sorten. Auch er vermehrt durch Abmoosen, zieht aber auch Sämlinge auf. Sein Vater produziert Azaleen und Gardenien. Nikos fuhr uns zu seinem Betrieb und wir hatten die große Freude, seine unzähligen Kamelien in bester Gesundheit zu bewundern. Ich muß hier außerdem sagen, daß die Kamelien auf dem Pilion wesentlich besser und gesünder aussehen als auf den Kanalinseln. Da Griechenland keinen Torf hat, wird dieser aus Rußland eingeführt. Die Kamelienbetriebe liegen auf einer Höhe zwischen 300 und 600 m. Die tiefsten Temperaturen im Winter sind normal bis -6°C, im Sommer sind die höchsten Temperaturen bei etwa 35°C. Makrirahi ist wohl das Zentrum der Pflanzenvermehrung auf dem Pilion. Jeder freie Platz wird dazu genutzt, selbst auf den Balkonen und Dachterrassen. Hauptsächlich fielen mir Gardenien, Euonimus in vielen Sorten, Azaleen, Hortensien, Koniferen und Kamelien auf, die hier vermehrt werden und für den Export bestimmt sind. Hier in Makrirahi war es dann nun absolut bestätigt und keine Vermutung mehr, daß Griechenland Kamelien hat. So begaben wir uns wieder zum Bus und fuhren zu unserem neuen Ziel Lehonia. Auf dem Weg dorthin kamen wir durch Kissos. Hier hat sich ein Betrieb darauf spezialisiert, Kamelien säulenförmig zu ziehen. Ano und Kato-Lehonia sind keine Kamelienorte, sondern hier hat es mehr Blumenzüchter. In Platanidia nahmen wir Quartier für zwei Nächte.
14. März 1998
Heute stand noch Volos auf dem Programm. Herr Duttweiler wollte gerne den Blumen- und Kräutermarkt sehen und ein wenig von der Stadt. Gegen Mittag fuhr er wieder nach Platanidia. Ich hatte mit vorgenommen, zu Fuß zu gehen. Es war schönes Wetter, ich genoß die Sonne, den Anblick des Meeres, die blühenden Cercis siliquastrum und die vielen Zitrus-und Orangen-bäume. An der Küste sah ich immer wieder Leute, die schon badeten, auch ich habe am Abend noch im Meer gebadet, es war herrlich. In Agria entdeckte ich eine große Gärtnerei mit Gardenien. Der Inhaber sagte mit, daß die Leute von Volos wenig Kamelien kaufen. Am Ortsausgang von Agria ist noch eine große Kameliengärtnerei, die Kamelien exportiert. Hier muß ich es zugeben, wir haben nur für uns Griechenlands Kamelien entdeckt. Die Kamelienhändler der Schweiz und Niederlande haben sie lange vor uns entdeckt, denn dorthin werden die meisten exportiert. Doch das ist kein Grund für uns zur Traurigkeit, ist doch das Pilion absolut eine Reise wert. Landschaftlich ist es wohl eines der schönsten Gebiete Griechenlands. Für Sportler bieten sich viele Möglichkeiten im herrlichen Skigelände, im Sommer schwimmen im Meer, Wanderungen in schöner Natur und auch für den botanisch Interessierten ist hier viel geboten. Geschichtlich ist das Gebiet eine unerschöpfliche Quelle von der Frühzeit europäischer Kultur bis heute. Also fahrt mal hin. Wer mehr wissen will, kann sich an mich wenden.
15. März 1998
Heimfahrt von Volos 3 Stunden mit dem Bus nach Thessaloniki. Übernachtung im ABC-Hotel.
16. März 1998
Rückflug nach Stuttgart.
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